Pimp my 1200XL


Pimp my 1200XL

von Beetle » Sa 13. Jan 2007, 20:14
Edit: Zu meinem "Pimp" erstmal ein wenig Geschichte. Man mag mich korrigieren falls nötig.


Der Vorgänger der hierzulande recht verbreiteten 600XL und 800XL war der 1982 gebaute 1200XL. Er war der erste Rechner der XL Serie, welche die in den Staaten sehr erfolgreichen 400 und 800 Computer ablösen sollte. Ein überarbeitetes OS, satte 64kB Speicher und ein schlankes, modernes Industriedesign waren an und für sich gute Argumente für den 1200XL.

Mit einigen kleineren Kompatibiltäts-Schwierigkeiten im OS, fehlenden Erweiterungsmöglichkeiten (Kein PBI oder ähnliches, der alte 800er hatte immerhin Steckplätze für RAM und OS), schlechtem Videobild verkaufte er sich nur schleppend und wurde durch die aufwendige Produktion (4-teiliges Gehäuse, kompliziert aufgebaute Tastatur) zu einem Verkaufsflop, der nach nur einem Jahr Produktion wieder eingestellt wurde. Daher kam er offiziell auch nur auf den US-Markt und existierte nur als NTSC-Version.

1983 kamen dann die bekannten 600XL und 800XL auf den Markt, welche dank Erweiterungsmöglichkeit, eingebautem BASIC und nun fehlerbereinigtem OS recht gut verkauft wurden. Zudem waren sie dank einfacherer (3-teiliger) Gehäuse und simpleren Tastaturen auch für Atari billiger zu produzieren. Im 1984er Atari Produkt Katalog und auf der Messen wie der CES (US-Computermesse) wurden auch die neuen Flagschiffe der XL Serie präsentiert, der 1400XL, der zusätzlich zu den bekannten XL-Features noch ein Modem und eine Sprachausgabe spendiert bekommen hatte, und der 1450XLD, welcher auch noch ein 5,25 Zoll Disklaufwerk (mit der Option auf ein zweites!) eingebaut hatte. Diese letzten beiden Modelle kamen aber leider nicht mehr in die Serienherstellung.

Naja, der für ein Jahr gebaute 1200XL ist hierzulande so selten, das sich nicht jeder sein Sammlerstück "pimpen" würde.

Aber ich bin ja "nicht jeder" und daher hab ich es natürlich trotzdem getan!



Ich fang mal mit dem Casemod an. Als erstes musste der Rechner geleert werden, um sich dann meinem Dremel zu opfern.

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Dieser Schritt war natürlich der schwerste, denn ab hier gab es kein zurück! Es musste klappen!

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Das herausgesägte Teil wurde dann mit dem zuvor vorbereiteten Teil verbunden, das wiederum aus Stücken eines 1050 Gehäuses zusammengesetzt wurde. Von meinen 1001 Projekten waren auch noch einige 800XL Teile mit im Spiel.

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Dann war es Zeit, die Unterseite zu zerlegen. Aber keine Angst, kommt alles wieder zusammen...

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Mit provisorisch angeklebten Abstandshaltern hab ich dann anprobiert und justiert und nachgemessen, damit auch alles gerade wird.

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Da sieht man auch ein neues Teil an der Front. Diese Blende ist aus dem braunen Vorderteil eines 1027 Druckers zusammengeklebt worden, es hatte soagr schon die passende Breite!

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Nun ging es daran, die entstandenen Lücken im Gehäuse verschwinden zu lassen.

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Dabei kamen sowohl 800XL Häppchen als auch Stücke aus der geschlachteten 1050 zum Einsatz.

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Jor, und schon sah das Gerät wieder wie ein ganzes aus. Es folgte der Einbau der Laufwerkshalterung und das Verstärken der Klebenähte. Schliesslich soll das Gerät mal umhergetragen werden, ohne als 3D Puzzle zu enden.

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So. Nachdem man das Case nun auch mal fester anpacken durfte, stand feilen spachteln und schleifen auf dem Dienstplan. Keine Angst, ich hab einen guten Miele Staubsauger extra für den Hobbykeller.

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Schleifen und lackieren natürlich nur mit Schutzausrüstung!

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Nach dem Trocknen dann der Zusammenbau und fertigstellen der Frontblende.

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Schnell die Laufwerksmechaniken reingeschraubt und Deckel zu... Tada!!

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Nachdem das Casemod fertig war durfte ich mein serienmässiges 1200XL Mainboard bei Wolfram gegen ein monstermässig gepimptes Board tauschen, das er während meiner Casemod Arbeiten vorbereitet hatte :notworthy: Dafür nochmals und öffentlich meinen Dank!

Den Elektronik Mod beschreibe ich im nächsten Posting.

von Beetle » Sa 13. Jan 2007, 21:10
Nun also die Internals: Hier das Mainboard. Das ist noch während des Aufbaus, daher einige lose Kabelenden...

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Wie man sieht, hat Wolfram an Aufklebern nicht gespart :lol: Jeder einzelne Chip bekam eine Beschriftung... (Die bleibt allerdings nicht für immer drauf, Wolfram. Da du dir aber soviel Mühe gegeben hast, wirds hier in deinem Style verewigt.) Jeder Chip, auch die kleinen 74LSxx und sogar der Taktquarz ist jetzt gesockelt, fehlt nur noch das die Transistoren und Widerstände gesockelt werden :lol:
Oben an der Platine ist das Schaltnetzteil erwähnenswert, das dem 1200XL eine stabile Versorgung mit 5V bei bis zu 3A ermöglicht, und das bei Eingangspannungen von 6-30V AC oder DC. Ich habe mich aber auf 12V DC festgelegt, da die interne Floppy so mit einem Regler für 5V auskommt.

Hier dann der Floppycontroller mit dem 1050 Turbo Modul, dem ersten Floppyspeeder, den ich damals ('87) besass. Die Platine ist reichlich gestrippt, der alte NT Kram flog raus, für den alten Kühlblech-Spoiler ist kein Platz hier. Dank 12V direkt und 5V aus dem Schaltregler (Oberkante 1050 Platine) ist der ja auch unnötig.
Ach ja, die seltsame Verlängerung der Kabel habe ich vor 20 Jahren gemacht, da hatte ich alles in einem PC Gehäuse. Wenn ich mal Langeweile hab, mach ich das "in schön".

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Als nächstes die SRAM Erweiterung, die ihr ja schon auf der JHV und hier im Forum gesehen habt. Pufferung des SRAMs hier über einen 1F Goldcap, das ist ein sehr grosser Kondensator mit dafür geringer Spannungs- und Strombelastbarkeit. Hält auch über Wochen!

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Es sind 4 Betriebsysteme drin und auch internes BASIC, anstelle von jenem kann man auch in das Spiel "Galaxian" oder 2 Ramtest Programme booten.

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Die Ramdisk und OS / BASIC Optionen müssen natürlich geschaltet werden. Ein 8 fach DIP Switch ist dafür an der Rückplatte eingeklebt.
Von hier sieht man auch gut den internen SIO Anschluss, der als SUB-D 15 ausgeführt ist.

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An der Stelle war mal der HF-Modulator für den Anschluss an TVs über Antennenkabel. In Amerika wurde dort damals oft ein Kästchen angeschlossen, um Antenne, Videorecorder und Atari ohne umstöpseln am TV zu haben. Das Kästchen wird "Switch Box" genannt, wodurch sich lustigerweise eine perfekte Beschriftung ergibt 8)

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Hier der Umbau auf PAL Videosystem inkl. S-Video Mod in fliegender Verdrahtung.

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Und das laufende Gerät, das ich auf den Namen "Atari 1250XLD" getauft habe, da es ja technisch ein 1450XLD (minus Modem und Sprachchip, je 75 Punkte Abzug und minus PBI, nochmal 50 Punkte Abzug):

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Das passende Typenschild dafür ist "in der Mache", ebenso wie der Einbau eines SIO2IDE Interfaces mit CF Laufwerk oder ZIP drive (wenn's denn klappt). Auch ansonsten soll der Rechner noch einige Mods bekommen, ich halte euch hier auf dem laufenden - wenns euch interessiert.

PS: Vorlage war natürlich der 1450XLD Prototyp aus dem 1984er Katalog.
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Na, was meint ihr?

von u0679 » Sa 13. Jan 2007, 23:25
Unfassbar!! :thumbup::thumbup:

Klasse Mod! Einfach nur geil...mir fehlen die Worte...sabber....

:mrgreen:

Toll geworden!!!!

Gruß
u0679

von Bender » Di 16. Jan 2007, 22:45
Mir hängt die Kinnlade auf dem Schreibtisch, der Hammer-

Baust du da noch eine zweite Floppy ein oder wie beim 1450 einen Schacht?

von Beetle » Di 16. Jan 2007, 23:13
Schön das ihr es halbwegs leiden mögt... 8)

Zwei Floppycontroller unterzubringen ist heikel. Die 1050 "Surfbretter" brauchen einfach zuviel Platz. Im Zweiten Einbauschacht werden "Moderne" Medien untergebracht, CF Kartenleser oder evtl. Zip-Laufwerk.
So ein SIO2IDE Interface ist sooo klein.

Letztlich nutze ich Floppy Disks heutzutage selten.

Gruss,
Stefan

von re-atari » Mi 17. Jan 2007, 18:47
Hi Stefan,

Wirklich handwerkliche Geschicklichkeit, mit sehr schoenem Erfolg. Beeindruckend das man nicht sehen kann, dass das Gehaeuse aus mehreren kleinen Teile zusammengebaut ist.
Hast Du auch schon mal Oldtimer Auto's restauriert? Da setzt man so ungefaehr dieselbe Techniken ein :lol:

Irgendwie finde Ich es doch schade, dass du ein garantiert origineller 1200XL (von denen es in den USA schon nicht sehr viele gibt, geschweige denn Europa) zersaegt hast, um daraus ein garantiert nicht origineller 1450XLD zu bauen. :(

Die Aufregung die dein Bericht ueber den 1450 auf atariage.com in Gang gesetzt hat, war aber dennoch sehr Lustiges Lesematerial! Priceless...

re-atari

von Bernd » Sa 20. Jan 2007, 01:07
Hallo Stefan,
du hast es uns bewiesen.... auch heute noch werden neue Prototypen der 8-bit Reihe gebaut. Dein neuer Künstlername im AtariAge Forum hat mir so mach ein lächeln entlockt.


Mach bitte weiter so, auf die nächsten Ergebnisse und neue Künstlernamen bin ich schon gespannt,

Bernd

von Beetle » Sa 20. Jan 2007, 04:01
Naja, ich lange überlegt, wie man das Gerät mit einem schönen Knall präsentieren kann.

Und dann dazu die detailreichsten Bilder eines "1450XLD" im ganzen Netz.... Nicht mal die vom Atarimuseum sind besser.

Da ist man mir doch voll auf den Leim gegangen.

Ein US Händler hat mir per PM $1000 geboten... (dann hab ich ihn eingeweiht).

Inzwischen ist das 1200XL Schild übrigens runter und ein blanko Label eingeklebt.

von Bernd » Sa 20. Jan 2007, 11:12
Hallo Stefan,

auf dieser Seite http://www.backntime.net/Atari%20Comput ... Proto.html findest du seltene Prototypen der 8-bit Reihe.
Mein Traum wäre der Atari 65XEP zum mitnehmen. Statt dem Monitor mit einem LCD oder TFT Bildschirm. Intern könnte ein XEGs Board verarbeitet werden - mit abnehmbarer Tastatur natürlich. Ich frage mich nur wo der Modulschacht sitzten soll...

Bernd