von tfhh » Mo 9. Jan 2012, 22:40
Moin,
pmetzen hat geschrieben:Dann frage ich mich warum ich keinen Anfangsladeton höre. Das hatte ich früher am 1010er nicht gehabt, egal ob Kaufkassette oder nicht, der Ladeton war immer zu hören.
Vieleicht war wohl HIR, nicht nur am RECORD angeschlossen sondern am SIO Pin11, damit man was hört. Denn nur HIL ist am SIO PIN11 angeschlossen.
Also bevor das ins Reich der Fabeln und Mythen abwandert, hier mal ein paar technische Fakten:
- Alle Atari 8 Bit Datasetten schreiben ihre Daten nur auf dem rechten Kanal. ALLE Atari-Datasetten haben einen Stereo-Tonkopf.
- Der POKEY, welcher für den gesamten seriellen Datentransfer am SIO-Bus zuständig ist, macht prinzipiell keinen Unterschied zwischen Diskette und Kassette. Einzig allein die jeweilige SIO-Routine regelt "die Intelligenz". Die Signalleitungen "DATA_IN" und "DATA_OUT" übertragen, egal ob Kassette oder Diskette angesprochen wird, Nullen und Einsen im reinen Digitalformat bei +5 Volt TTL Pegeln.
- Beim Schreiben (also Speichern) auf Kassette wird ebenfalls nur der rechte Kanal beschrieben wie auch gelesen
- Der linke Kanal ist beim Schreiben "tot", d.h. die magnetische Aufzeichnung bleibt unverändert. Beim Lesen wird das Signal in ein Standard 1 Vs/pp Audiosignal, entkoppelt über einen Standardelko, aufbereitet und über Pin 11 der SIO-Buchse direkt (über ein paar diskrete Bauteile) dem LM358 OpAmp auf einer XL/XE Platine zugeführt.
- Beim Schreiben wird das DATA_OUT Signal über einen Strombegrenzer und Entkoppelungs-Kondensator direkt an den Tonkopf geführt. Es werden dazu ganze 4 Bauteile benötigt.
- Beim Lesen wird die magnetische Aufzeichnung über mehrere Verstärker- und Filterstufen in ein +5 Volt TTL Signal aufbereitet und über Transistoren an die DATA_IN Leitung gelegt.
- Das MOTOR_CONTROL Signal schaltet dabei nicht nur den Motor an und aus, sondern regelt auch die Versorgungsspannung für die Verstärkerschaltkreise (sowohl DATA_IN als auch AUDIO der rechten Tonspur).
Letzteres führt übrigens dazu, daß Diskettentransfers - insbesondere bei High-Speed - gestört werden, wenn ein Kassettenrekorder in der SIO-Kette hängt und versehentlich MOTOR_CONTROL gesetzt wird. Denn dann sind die Verstärkerschaltkreise in der 1010 nicht mehr "Tri-State" und stören die DATA_IN Leitung.
Das Problem, warum die 1010 so unverzulässig ist, liegt allein der extrem billigen Ansteuerung des Motors, garnicht am Motor selbst. Die Motoren "eiern" und es gibt starke Streuungen von der einen 1010 zur nächsten 1010 aus dem einfachen Grund, daß am Motor keine auf einen festen Wert stabilisierte Spannung anliegt. Es werden 9 Volt Wechselspannung in die 1010 eingespeist, gleichgerichtet und ein bißchen gesiebt (der Siebelko sinnigerweise nur dann "am Netz", wenn die PLAY-Taste gedrückt ist... wer sich das nur ausgedacht hat!).
Somit langen allein minimale Unterschiede in der gelieferten Spannung aus. Wer ordentlich 1010er und noch viel mehr 9 Volt AC Netzteile hat, kann das problemlos mal austesten... Man suche ein Tape, welches sich mit EINEM 1010 Originalnetzteil gut laden läßt und probiert nun eine Reihe anderer 1010er Netzteile - oder "Fremdnetzteile" mit 9 Volt AC (Wechselspannung) - und wird feststellen, daß sich das Ladeverhalten stark mit dem Netzteil ändert.
Wer eine "stabile" 1010er haben will, baut sie einfach so um, daß der Gleichrichter entfernt wird und an "+" und "-" des Gleichrichters eine saubere 12 Volt Spannung (geregeltes Festspannungsnetzteil, 1 A, gibt´s bei Pollin für unter 5 Euro) anliegt. Die Versorgungsspannung für die Verstärkerkreise wird aus der MOTOR_CONTROL Leitung entnommen, es werden nur wenige mA benötigt.
Gegenbeispiele sind hier die Kassettensysteme der Schneider CPC-Familie, die extrem robust und zuverlässig waren. Die CPC-Familie konnte per Default ohne Zusatz-Software oder -Hardware 1000 bzw. 2000 Baud schreiben, selbst auf billigsten Tapes klappte das immer ohne Probleme. Blocknamen, Headerinformationen und Tape-Speed Korrekturbytes zu Beginn eines jeden Datenblocks sorgten auch bei leicht aus der Form geratenen Riemen für zuverlässiges Laden. Die Engländer waren eben ein Tape-verliebtes Volk...
Meinen Tests nach mögen die 1010er vorallendingen die Tapes nicht, die mit langen Blöcken und leicht erhöhter Geschwindigkeit aufgenommen wurden. Etliche "English Software" Spiele auf Kassette haben - nach einem kurzen "Bootloader" - Blöcke von 1024 Bytes statt 128 Bytes und setzen die Lesegeschwindigkeit auch auf knapp 900 Baud. Das war beim Atari schon immer ohne Turbo-Tape etc. kein Problem (normal sind ca. 600 Baud). Ich habe knapp 10 Kassetten mit English-Software Titeln, die z.T. 40-45 KByte von Tape laden... bei allen funktionsfähigen XC12 lassen sich diese uralten Tapes problemlos laden. Bei den 1010er... Glückssache.
Grüße mit Bandsalat, Jürgen