von tfhh » Do 28. Jun 2012, 13:49
Moin,
GoodByteXL hat geschrieben:Die Internetprovider betreiben heftig Traffic Shaping, vor allem um die Datenpakete ihrer eigenen Angebote im Bereich Video- und TV-Streaming vorrangig durch das Netz zu leiten und blocken mit verschiedenen Methoden andere Datenpakete. Dazu nutzen sie u.a. 'Deep Paket Inspection', um die tatsächlichen Inhalte der Datenpakete festzustellen und bewerten zu können.
Hmmm... Ja, und? Was ist daran verwerflich? Ich denke, hier wird ein nicht passender und negativ vorbelasteter Begriff genutzt, um "Stimmung" zu machen.
Fakt ist: Der Bandbreiten-Hunger ist enorm und steigt schneller als das Moore´sche Gesetzt von Jahr zu Jahr. Auf der anderen Seite darf alles nichts kosten. Währenddessen in den USA ein >10 MBit/s Breitbandzugang oft und häufig mal über 100 Dollar (Flatrate) im Monat kostet, ist hierzulande der "Satz" bei 30 Euronen angekommen. Alles darüber können TelCo Anbieter nur mit Zusatzleistungen verlangen. Und davon geht bereits 1/3 (grob) an die DTAG für die Leitungsmiete weg (Ausnahme: Stadtnetzbetreiber mit eigener Infrastruktur).
Da ich bei einem großem TelCo-Unternehmen arbeite, bin ich sicher nicht ganz neutral. Was ich aber sagen kann, ist, daß nicht nur bei uns das Thema "Festnetz" auf der Kippe steht. Der einzig sinnvolle Weg wäre, alle Haushalte mit Fiber auszustatten - dies ist jedoch schlichtweg in Deutschland unbezahlbar. Schuld sind hier vorallendingen die hohen Genehmigungs- und Baukosten für die nötigen Straßenbauarbeiten. Kein Anbieter in Deutschland traut sich an eine flächendeckende Versorgung mit Fiber.
Auf der anderen Seite erwartet der Kunde, daß Youtube, Fernsehsender-Streams flüssig laufen, eBay sich schnell genug meldet, um 5 Sekunden vor Gebotsende abzusahnen, usw.usf. - ohne intelligentes Netzmonitorung und entsprechende Priorisierung läßt sich dies nicht bewerkstelligen. Natürlich werden auf großen Backbones Streamingpakete zur Zeiten der Fußball-WM priorisiert... dafür dauert´s dann halt woanders etwas länger.
Der andere Weg wäre, wieder auf starre, niedrige Bandbreiten für alle zurückzugehen oder 2-Klassen Netzsegmente einzuführen. Das kann auch nicht wirklich Ziel sein. Und der Ausbau kabelgebundener Transportsysteme ohne Fiber ist definitiv am Ende des physisch Machbaren.
GoodByteXL hat geschrieben:Wer den Datendurchsatz seiner Internetverbindung live überwacht, sieht das regelmäßig.
Diese Studie dient dazu festzustellen, wie die Versorgung tatsächlich ist, denn ansonsten gibt es dazu nur die "Selbstauskünfte" der Provider.
Dieser Test ist totaler Schwachsinn (sorry... aber es IST so) wie alle Speedtests dieser Art. Sie zeigen immer nur eine winzige Momentaufnahme, die rein garnichts über die Performance im Allgemeinen aussagt.
Es gibt mittlerweile viel mehr Probleme bei diversen Anbietern mit der Netto- als denn mit der Bruttoleistung der Bandbreite. Als Brutto-Bandbreite bezeichne ich die Bandbreite, die physikalisch zwischen DSLAM und CPE (=Endgerät beim Kunden, d.h. DSL Modem, Router etc.) ausgehandelt wird. Die Netto-Bandbreite ist das, was "gemessen" beim Kunden fließt.
In meinem Fall liefert dieser Test Vollausschlag bei 50 MBit/s. Ab 50 MBit/s regelt mein Anbieter (VDSL Anschluß) ab, technisch wären über 100 MBit/s möglich. Wenn ich Downloads von mehreren Quellen parallel durchführe, erreiche ich immer, egal zu welcher Uhrzeit, die volle maximale Performance. Das ist auch bei den meisten anderen xDSL Anschlüssen nicht anders. Und trotzdem habe ich, wie alle anderen "normal DSL Speedler" in den Abendstunden teilweise heftige Verzögerungen im Seitenaufbau. Manchmal bricht auch der DNS leicht ein. Manchmal werden Webseiten nicht vollständig geladen, usw.usf. - da spielt es keine Rolle, wie "fett" die Leitung technisch ist.
Was problematisch ist, sind die Latenzen und Antwortzeiten im persönlichen Gebrauch des Users. Dem Powersauger sind die Antwortzeiten seines DNS wurscht, solange die MByte/Sekunde Saug-Anzeige passt. Dem notorischem Schnäppchenjäger bei diversen Auktionshäusern kümmert die Bandbreite nicht, solange eBay & Co. nur flink genug reagiert. Und so weiter...
Natürlich wäre es ein Traum, alle User glücklich zu machen. Dazu wären aber immense Investitionen nötig, die sich bei den aktuellen Tiefstpreisen für einen Rundum-Sorglos-DSL-Anschluß einfach nicht rechnen. That´s it.
Im Übrigen gibt es (europäisch gesteuerte) Versuche, Breitbandanbietern das "bis zu" bei Bandbreiten-Angaben zu verbieten. Kommt dies durch, tritft es vorallendingen die Kunden, die weit weg von der nächsten Vermittlungsstelle wohnen. Sie bekommen dann garkein DSL mehr, weil kein Anbieter das Risiko eingeht, bei hoher Dämpfung grenzwertige Anschlüsse zu schalten. Auch Kunden, die potentiell 12-13 MBit/s per SRA etc. bekommen würden, werden dann - wie früher bei der Telekom gängige Praxis - auf 6 oder 4 MBit/s gedrosselt, damit es ja keine Probleme gibt und sich keiner beschweren kann.... wer will das?
Gruß, Jürgen